06. Juli 2023

Eric Nussbaumer blickt zurück

Es ist so etwas wie ein Lebenswerk: Fast 35 Jahre lang engagierte sich Eric Nussbaumer in unterschiedlichen Funktionen für die ADEV. An der diesjährigen Generalversammlung wurde er als Verwaltungsratspräsident der Energiegenossenschaft herzlich verabschiedet. Wir erinnern uns mit ihm an einige seiner Stationen.

Eric, erinnerst du dich noch an deinen ersten Arbeitstag in der ADEV?

Ja, ziemlich genau sogar: Im August 1988 wurde ich mit 28 Jahren der erste Vollzeitangestellte der damaligen «Arbeitsgemeinschaft für dezentrale Energieversorgung». Man gab mir einen Arbeitsplatz in Untermiete bei der Eicher und Pauli AG. Meine erste Aufgabe war, eine Pensionskassen-Lösung und die Anmeldung bei den Sozialversicherungen für mich selbst zu organisieren. Es war ein Sprung ins kalte Wasser – aber dieses weckte auf wunderbare Weise meine Lebensgeister.

Das klingt etwas chaotisch. Weshalb bist du trotzdem geblieben?

Der Genossenschaftsvorstand unter Theo Meier schenkte mir sehr viel Vertrauen und Freiheiten. Ich überführte die «Atomkraft – Nein Danke»-Bewegung in eine unternehmerische Struktur. Gleichzeitig stieg ich ins operative Geschäft ein. Unsere ersten Wärmeverbünde in Muttenz und Aesch waren im Bau und mussten ab Herbst 1988 Wärme liefern. Ich kümmerte mich um technische Lösungen, setzte Werk- und Wärmelieferverträge auf und verhandelte über den Strom- und Gaspreis für unsere Blockheizkraftwerke. Ich war Allrounder, Junior-Manager und von der Sache beseelt – ein echter Traumjob.

Seither wuchs die ADEV stetig. Was waren entscheidende Weichenstellungen?

Im kleinen ADEV-Kernteam mit Marianne Homberger und Andreas Appenzeller legten wir die Basis für ein gesundes Wachstum. Mitte der Neunzigerjahre folgte dann der wegweisende strategische Entscheid für ein genossenschaftliches Stammhaus und Tochtergesellschaften in allen Feldern der dezentralen Strom- und Wärmeversorgung. Die Bürger:innenbeteiligung ermöglichte uns, im grösseren Stil zu investieren.

Seit jeher kämpft die ADEV für faire Rückliefertarife. Woran erinnerst du dich noch?

Anfang der Neunzigerjahre hatte die Schweiz noch kein Energiegesetz. Die Rückliefertarife waren meist kantonal geregelt. Unser Sitzkanton Baselland gehörte zu den progressivsten Kantonen, da eine starke Anti-AKW-Bewegung schon damals mit Nachdruck forderte, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für alternative Energielösungen zu verbessern. 

Und dennoch waren die Aussichten damals nicht rosig…

Im Rechtsstreit gegen die lokalen Energieversorger erreichten wir die bedeutsame 15 Rappen-Regelung, womit man Kleinwasserkraftwerke und Blockheizkraftwerke kostendeckend bauen konnte. Erst Ende der Neunzigerjahre verbesserten das eidgenössische Energiegesetz und die kostendeckende Einspeisevergütung auch die Rahmenbedingungen für Sonne und Wind. Unser damaliger VR-Präsident Rudolf Rechsteiner prägte diese Entwicklung entscheidend mit. Bis heute ringen wir um dieselbe Frage: Was ist der Wert einer Kilowattstunde erneuerbarer Energie? 

Seit 2010 bist du Verwaltungsratspräsident der ADEV Energiegenossenschaft. Nun trittst du zurück, weil du voraussichtlich nächstes Jahr Nationalratspräsident wirst. Wie fühlt sich das an? 

Ich bin sehr dankbar und denke an all die Menschen, die gemeinsam mit uns diesen Weg gehen und sich für eine risikoarme und umweltfreundliche Energieversorgung engagieren. Für mich persönlich ist die ADEV nach fast 35 Jahren so etwas wie eine Lebensaufgabe, die ich nun zum Glück gut aufgestellt weitergebe. Wir haben nicht alles perfekt gemacht – hier und da unterlief uns auch mal einen Fehler. Aber das gehört zum unternehmerischen Unterwegssein. Die ADEV ist einzigartig mit ihrer Möglichkeit der Bürger:innenbeteiligung und mit einer Haltung, sie sich am Gemeinwohl orientiert: Die Energiewende braucht noch ganz viel ADEV-Geist! 

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